Berlin, den 27. Oktober 2017 – Im nördlichen Lichthof des Reichstagsgebäudes bereichert seit vergangenem Mittwoch Erde aus dem Kaufungerwald und dem Bergpark Wilhelmshöhe das Kunstwerk ‚Der Bevölkerung‘: einem mit Kies und Erde gefülltem, bewachsenem Kasten, in dessen Mitte der von innen beleuchtete Schriftzug ‚Der Bevölkerung‘ angebracht ist. Einen Tag nach der Konstituierung des 19. Deutschen Bundestages brachte der frisch gewählte SPD-Bundestagsabgeordnete Timon Gremmels einen Sack Heimaterde in das partizipatorische Gartenprojekt des Konzeptkünstlers Hans Haacke mit. Die Erde hatte Gremmels am vergangenen Wochenende zum einen mit Niestes Bürgermeister Edgar Paul entlang des Grimmsteigs im Kaufungerwald entnommen. Zum anderen mit Brigitte Bergholter und Dr. Gisela Wiegand vom Verein „Bürger für das Welterbe“ aus dem Bergpark Wilhelmshöhe.

„Seit Ende 2000 tragen Bundestagsabgeordnete aus der gesamten Republik Erde aus ihren Wahlkreisen in dem Kunstwerk zusammen. Die darauf wildwachsenden Pflanzen stehen symbolisch für gesellschaftliche und politische Prozesse, die Vielfalt der Bevölkerung und das Wachstum unserer Demokratie“, erläutert Gremmels das Projekt und fügt augenzwinkernd hinzu: „Prozesse, die dank der fruchtbaren Kasseler Erde in Zukunft hoffentlich noch besser gedeihen.“
Haackes Installation wurde als letztes der sogenannten Kunst-am-Bau-Projekte für das Reichstagsgebäude eingebracht und löste innerhalb und außerhalb des Parlamentes eine lebhafte Diskussion aus. Die Kontroverse entzündete sich an der Frage, ob mit der beleuchteten Inschrift eine Korrektur der Reichstags-Giebelinschrift ‚Dem Deutschen Volke‘ vorgenommen werde oder diese vielmehr eine legitime Ausweitung bedeute und einen notwendigen Denkprozess in Gang setze.

„Seit nunmehr 17 Jahren gedeiht hier ein Durcheinander an Pflanzen, entwachsen aus Erde aus ganz Deutschland. Jeden Frühling blühen Blumen auf, obwohl nicht gegossen, nicht gestutzt und nicht gejätet wird. Offenbar funktioniert das Projekt“, konstatiert Gremmels, der die politische Symbolik in den Kontext aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen setzt: „Die beiden Widmungen werden nicht als Feindbegriffe gegenüber, sondern ergänzend und als gleichermaßen berechtigt zueinander gestellt. Insofern bemüht sich das Kunstwerk um einen offen Dialog über die Frage: ‚In welcher Gesellschaft wollen wir künftig leben?‘ – und ist damit heute aktueller denn je.“