
„Das Handwerk ist das Fundament der Wirtschaft und Spitze im Bereich der Ausbildungsleistung“, so die SPD Nordhessensprecherin Brigitte Hofmeyer nach einem Gespräch der SPD Landtagsabgeordneten mit der Spitze der Handwerkskammer Kassel.
Doch das Handwerk hat auch Nachwuchssorgen: „Wir brauchen eine ausreichende Zahl an qualifizierten Bewerbern", sagte Heinrich Gringel, Präsident der Handwerkskammer Kassel beim Besuch der SPD-Nordhessenrunde im Berufsbildungszentrum in Waldau.
Erhebliche Probleme sieht Gringel in den kommenden vier Jahren für über 2.200 Unternehmen, bei denen ein Wechsel in der Betriebsleitung ansteht.
„Es sind nicht mehr immer die Kinder, die die Betriebe ihrer Eltern übernehmen“, erklärte er. Im Hinblick auf die demografische Entwicklung sei die Situation für den ländlichen Raum besonders bedenklich: „Ohne Nachwuchs stirbt das Handwerk.“ Dabei sieht die aktuelle Lage der Kasseler Kammer keineswegs deprimierend aus: Sie betreut 16.000 Betriebe mit insgesamt 87.000 Beschäftigten und 9.000 Auszubildenden.
„Auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten hat das Handwerk immer über Bedarf ausgebildet und so auch schwächeren Schulabgängern eine Chance gegeben“, stellte Brigitte Hofmeyer, Landtagsabgeordnete aus Hofgeismar fest. „Wir betreuen unsere Auszubildenden sehr individuell. Wir sind wie eine Familie“, ergänzte der Kasseler Kammerpräsident. Allerdings beklagte Ursula Lange, Abteilungsleiterin Berufliche Bildung, dass zu wenig Schulabgänger eine gute Vorbildung haben und die Handwerkskammer nicht die einzige Anlaufstelle für Jugendliche mit schulischen und sozialen Defiziten sein dürfe. Der Präsident und sein Hauptgeschäftsführer, Andreas Klaeger, forderten darum eine Qualitätsoffensive in der Bildungspolitik. „Es müssen bereits im vorschulischen Bereich soziale Kompetenzen vermittelt werden“, betonten sie. Mit diesem Wunsch sprachen die Vertreter der Handwerkskammer eine grundlegende Forderung der Sozialdemokraten an: „Wir dürfen an allem sparen, nur nicht an der Bildung“, bekräftigte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD Landtagsfraktion Uwe Frankenberger. Wichtig sei vor allem eine enge Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft. Die Schüler sollten bereits früh in die Betriebe hereinschnuppern, damit sie Lust aufs Handwerk bekommen. „Wenn das Handwerk keinen Nachwuchs mehr findet, dann ist die Grundversorgung im ländlichen Raum nicht mehr gesichert“, warnte Frankenberger.
Im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der Betriebe sahen die Sozialdemokraten wie die Führungsspitze der Handwerkskammer ein weiteres Problem für den Zeitpunkt, wenn alle Konjunkturprogramme auslaufen und die verschuldeten Städte und Gemeinden nur noch wenige Aufträge an das örtliche Handwerk vergeben könnten. „Hier muss das Land Hessen zukunftsorientiert dafür sorgen, dass die Kommunen nicht ausbluten und weiterhin mit Aufträgen das heimische Handwerk stärken können“, forderte Brigitte Hofmeyer.
Eine Chance für kleine und mittlere Betriebe sah die SPD-Nordhessenrunde im Mittelstandsgesetz, das derzeit von den hessischen Sozialdemokraten erarbeitet und nach weiteren Beratungen vor der Sommerpause in den Landtag eingebracht wird. Hier soll unter anderem die so genannte freihändige Vergabe für Aufträge im Handwerk – eine Vergabe ohne Ausschreibung – dauerhaft bis zu einer Freigrenze von 50 000 Euro möglich gemacht werden. Die mittelstandspolitische Sprecherin der Fraktion, Sabine Waschke, erläuterte, dass diese Regelung auch nach den Konjunkturprogrammen fortgesetzt werden solle. Weitere Schwerpunkte seien der Abbau der Bürokratie und der flächendeckende Mindestlohn.